Jesse am 31.3.2020

AR im Alltag: Die Entstehung und Wiederauferstehung von Augmented Reality


Von Nintendo 3DS über Pokémon GO bis hin zu Snapchat - in den Kindern (oder denen, die es bleiben wollten) der letzten 1,5 Generationen fand AR im Grunde schon früh und sehr erfolgreich seine erste Nutzergruppe. Auch wenn die Auflösung der Nintendo 3DS mit ausgeschalteter 3D Funktion besser war, und Pokémon GO flüssiger in der 2D Ansicht performte, wurden Facefilter durch ihre simple Nutzung ein fester Bestandteil des täglichen Lebens dieser Kinder (oder junggebliebenen Erwachsenen).

Allerdings geht bei der Übersetzung der kreativen Ideen in die häusliche Umgebung ein wichtiges Element verloren: die praktische Anwendung. Auch Demodern hat verschiedene Prototypen gebaut und Kundenprojekte umgesetzt, in denen wir die verschiedensten Formen von AR ausprobiert haben, wie z.B. Retro-Gamification, Unterstützung beim Möbelaufbau, Merchandising im Einzelhandel, zum Shoppen von HaushaltswarenAutomotive Demonstrationen und die Übersetzung von Bauhaus Kunst in Facefilter. Bei so viel Potenzial für innovative Anwendungsfälle fühlt es sich aber irgendwie so an, als würden wir uns eher einen Schritt von der einfachen und nahtlosen Nutzung im Alltag entfernen. Weswegen Augmented Reality auch nach wie vor eher den Status eines "Gimmicks" inne hat.

 

Die Entstehung räumlicher Nutzung

Spulen wir kurz zurück ins Jahr 2014, als Google mit Tango ein innovatives 3D-Bildtracking auf Basis von Lasersensoren einführte. Software-Ingenieure und die Medium-Community jubelten, Prototypen boomten und AR machte einen großen Schritt nach vorn. Zu diesem Zeitpunkt hielt Apple zwar noch die Füße still - die Ruhe vor dem Sturm quasi - als Ende 2017 dann aber Apple’s ARKit released wurde, mussten wir uns leider auch sehr schnell von Google Tango verabschieden. Apple machte die erweiterte Realität für die breite Masse verfügbar, indem sie die als “mit Auszeichnung” getestete Technologie, neben der Open-Source-Software für Entwickler, in jedes neue Gerät integrierten.

 

Vorgespult zum heutigen Tag, ist es erneut Apple, die den Markt aufwühlen: das Unternehmen hat die Idee des 3D-Scannings wieder aufgegriffen. Das neue iPad Pro fiel sprichwörtlich über Nacht mit der LiDAR (Light Detection and Ranging)-Tür ins Haus. Die tiefensensorische Technologie ist laut Apple “so fortschrittlich, dass die NASA sie bei der nächsten Marsmission einsetzen wird.” Dabei sollte man allerdings nicht vergessen, dass die LiDAR-Techniken der NASA sogar noch weiter zurückgehen als die Ursprünge von Augmented Reality. Wer ahnt es schon? Gemeint ist die Apollo 15-Mission zum Mond im Jahr 1971.

 

Die Wiederauferstehung von kontextueller AR

Auch andere Industriezweige haben LiDAR schon früher für sich entdeckt, wie z.B. die Archäologie oder die Landwirtschaft. In der Architektur wird Laserscanning eingesetzt, um topographische Daten zu erhalten. Auch das autonome Fahren beruht fast ausschließlich auf der Lasertechnologie, obwohl Elon LiDAR für Tesla gar nicht nutzt... Unabhängig davon ist das tiefensensorische Scannen des Raums ein Fortschritt im Vergleich zur Ebenenerkennung von iOS 11. Damit könnten die instabile Verankerung und die pseudo-glauwürdige Objektblockierung beseitigt werden - was ein riesiger Schritt für die Menschheit ist!

Apropos Schritt für die Menschheit: Das bringt uns einen Schritt weiter zu den - man muss es leider so sagen - Bemühungen des Spatial Computings der Magic Leap. Mit dem Launch ihrer kontextbezogenen Sensoren und der Vorstellung, endlich vollständig interaktive Geschichten und Welten zu schaffen, die mit der physischen Umgebung des Benutzers kommunizieren, sind wir - vermutlich etwas vorschnell - losgeprescht und haben direkt mit der Ausarbeitung einer Idee losgelegt. Während des Prototypings stellten wir allerdings fest, dass das Magic Leap 1-Headset zwar das Virtuelle mit dem Physischen vermischt. Es ergeben sich jedoch Einschränkungen im engen Sichtfeld (was aber trotzdem immer noch besser ist als die erste Microsoft Hololens). Ganz zu schweigen von einem ständigen Fehler in Unity3D, der dazu führt, dass VFX-Graph nur auf einem Auge gerendert wird - ein "Immersion Deal Breaker".

 

Das nächste Level der immersiven Technologie?

Mit der neuesten iPhone Kamera können wir aufgrund ihrer außergewöhnlichen Optik also ein Stück “echte” Welt in unsere Taschen oder Rucksäcke packen und mitnehmen - nicht zu vergessen, was alles noch möglich wird, wenn das lang erwartete smarte Headset 2022 erscheinen wird. Die einfache Nutzung mobiler Geräte mit AR Funktion ist im Moment also nicht zu leugnen. Apple hat seine AR-Anwendungsfälle sogar in Produktivität, Spiel und Lernen unterteilt; was der richtige Ansatz ist, um die Kluft zwischen proaktivem und praktischem Einsatz zu verkleinern oder gar zu schließen.

Jetzt, da sich Augmented Reality durch die alltägliche Nutzung näher denn je anfühlt, muss die Zeit zeigen, ob dies der Moment ist, auf den wir alle gewartet haben. Oder, ob Augmented Reality doch eher im Sci-Fi/NASA-Bereich bleiben wird.