Per Anhalter durchs Metaverse: Antworten auf die häufigsten Fragen
Es vergeht kaum noch ein Tag, an dem nicht eine weitere Metaverse-Plattform- oder -Lösung veröffentlicht wird. Doch nicht nur Angebot und Nachrichten boomen – auch die Fragen von Unternehmen rund um die neue digitale und interaktive Welt nehmen zu. Unser Co-Founder und Managing Partner Alexander El-Meligi, hat für W&V einmal die häufigsten beantwortet:
Was ist das Metaverse überhaupt?
Der Begriff Metaverse bezieht sich auf eine persistente 3D-Welt, in dem Nutzer in Echtzeit interagieren und zusammentreffen, gemeinsame Erlebnisse teilen. Der Unterschied zu traditionellen Websites und sozialen Netzwerken liegt in der räumlichen Darstellung und der kollektiven Live-Erfahrung, die das Metaverse bietet. Dort sind unterschiedlichste Aktivitäten wie arbeiten, einkaufen, spielen oder auch reisen möglich. Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ von Neal Stephenson aus dem Jahre 1992. Fun Fact: Im Epilog behauptet er, dass er den Begriff Metaverse für das Buch als Marketinggag erfunden habe, ebenso wie Avatar.
Ist das Metaverse nicht vom Meta-Konzern und nur mit einem VR-Headset erreichbar?
Meta-Chef Mark Zuckerberg verfolgt eine langfristige Vision des Metaverse, das als Ökosystem sowohl von Endkonsumenten als auch Unternehmen genutzt werden soll. Doch er ist längst nicht der einzige Silicon-Valley-CEO, der die Zukunft seines Unternehmens dort sieht und das Thema antreibt. Auch gibt es bereits heute zahlreiche Metaverse-Lösungen für völlig unterschiedliche Endgeräte. Decentraland zum Beispiel ist eine webbasierte Metaverse-Experience, Sandbox eine PC-App und Roblox eine mobile App sowie PC-Anwendung. Somit ist das Metaverse völlig Device-unabhängig zu betrachten und in Zukunft wird es maßgeschneiderte Metaverse-Lösungen für diverse Endgeräte geben.
Das Second Life hat sich nicht durchgesetzt, warum sollte das beim Metaverse gelingen?
Der technologische Fortschritt in den letzten Jahren ist rasant. Inzwischen kommen viele Schlüsseltechnologien zusammen, die in der Vergangenheit teilweise oder gänzlich gefehlt haben, um ein ähnlich disruptives Momentum zu erzielen. Wir sind heute always-on, sprechen mit dem Smartphone in unserer Hosentasche, richten mit AR die Wohnung ein, handeln unterwegs mit blockchainbasierten Kryptowährungen, arbeiten den größten Teil der Woche remote von irgendwo und spielen mit unserem mobilen VR Headset im Park gegen Nutzer auf der ganzen Welt. Das ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt, der aber zeigt, wie kometenhaft die Entwicklung vorangeschritten ist – und weiter voranschreitet.
Ist das Metaverse eine digitale Kopie der realen Welt?
Ein mögliches Konzept ist ein Metaverse, das die digitale oder virtuelle Kopie der Realität abbildet. Dazu werden immens viel Rechenpower, KI und Datenkapazitäten benötigt. Außerdem muss die Realität ständig in Verbindung mit der virtuellen Umgebung stehen, um diesen hohen Realismus zu erzielen. Man redet hier auch oft vom sogenannten „Digital Twin“. Heutige Consumer Computer sind noch nicht fähig, die Komplexität der Welt darzustellen, aber es gibt bereits spannende Entwicklungen und Technologien, die in diese Richtung gehen. Die Spielesoftware Unreal Engine erzielt sehr realistische Avatare und eine enorm detailreiche Umgebung auf aktuellen Computern. Zudem gibt es im Industrie-Bereich bereits erste Schritte, Fabrikanlagen und Prozesse als Digital Twin abzubilden. Nvidia und Siemens arbeiten bereits als Partner an dieser Vision, um Produkte zur Laufzeit zu optimieren oder komplexe Prozesse remote zu überwachen und zu steuern.
Ob unsere Kunden das wirklich nutzen und umsetzen werden?
Schon bei der Entstehung der ersten Social-Media-Plattformen hieß es: „Warum sollten wir auf diesen sozialen Kanälen auftreten und wie soll man damit Geld verdienen?“ Heute werden diese Themen von den Generationen Z und Alpha angetrieben, die technologieaffin sind, nicht zwischen digitalen und physischen Assets unterscheiden und viel Zeit in 3D-Welten verbringen. Der kurze Blick ins Wohnzimmer, wo die Kids gerade Fortnite spielen und Ihr Taschengeld für Skins und Avatare ausgeben, bestätigt dies. Daher springen Unternehmen zunehmend auf diesen Trend auf. Beispiel: Gucci, mit dem Gucci Garden (Roblox) oder Nike (Sandbox). Die Vielfalt an unterschiedlichen Experiences und Usecases ist gigantisch. Von Catwalks, Events und Konzerten hin zu Lernplattformen, Co-Working- und Co-Creation-Spaces.
Maßgeschneidert für die GenZ: MINIverse, das erste befahrbare Metaverse by MINI
Das Metaverse ist doch nur etwas für Gamer, oder?
Das Metaverse wird stark vom Gaming angetrieben, daher werden Spiele wie Fortnite oder Minecraft als die großen Metaverse-Beispiele aufgegriffen. Gaming ist längst zu einem großen Teil unserer Gesellschaft geworden und schult uns von klein auf, wie wir uns durch digitale 3D-Umgebungen bewegen. Das hat natürlich auch Einfluss auf andere Bereiche. Das belegen Beispiele wie die Real-Estate-Metaverse-Plattform Decentraland, die Social Experience Horizon Worlds von Meta oder der Schulungs-Campus Virbela. Zudem ist räumliches Denken eine der Grundeigenschaften menschlichen Denkens. Wir befinden uns zu jedem Zeitpunkt in einem 3D Raum, können uns an Orte leichter erinnern als an Telefonnummern, und wissen uns darin ganz instinktiv zu bewegen.
Wie können wir unsere Produkte im Metaverse integrieren?
Eine Metaverse-Plattform hat den großen Vorteil, Marken- sowie Produkt-Erfahrungen zu vereinen und zu verbinden. Die Produktpräsentation kann live vorgestellt, mit How-To-Videos, Interviews und Panels, Workshops und sogar Games und Konzerten verbunden werden. Produkte können nicht nur integriert, sondern auch im realen Kontext simuliert werden – zum Beispiel eine Kaffeemaschine, die nicht nur in der Küche gezeigt, sondern auch bedient werden kann. Oder die Funktionen einer Flugzeugturbine in 10 km Höhe. Auch klassische E-Commerce-Features sind natürlich möglich, um direkte Shopping-Optionen zu ermöglichen.
Xiaomi Metaverse Showroom for the launch of the Redmi Note Series 11 on the german market.
Können wir uns das denn überhaupt leisten?
Ein Einstieg könnte sein, mit einem bereits existierenden Metaverse zu starten, um erste Learnings zu sammeln und Features zu testen. Viele Plattformen wie Decentraland oder Sandbox bieten kleinere Flächen an. Die Preise liegen zwischen 5 - 15.000 Euro pro Fläche (exkl. Produktion der Inhalte). Das Risiko ist, dass die gewählte Metaverse-Plattform ggf. nicht langfristig existiert oder die eigene Zielgruppe dort nicht aktiv ist. Dann bleibt noch die Entwicklung des eigenen Corporate Metaverse. Da dies eine permanente und langfristige Entwicklung bedeutet, sollten Ziele und Features genau geplant werden, um Umfang und Kosten der Lösung einschätzen zu können. Je größer der 3D-Raum und je mehr Features, umso aufwendiger ist die gesamte Produktion. Preislich starten Entwicklungen hier bei ca. 200.000 Euro. Dazu kommt noch die monatliche Maintenance wie Serverkosten, die vom Traffic abhängen. Je höher die Nutzerzahl, umso höher auch die monatlichen Kosten.
Die Metaverse-Räume, die ich besucht habe, waren ziemlich leer. Wie kann das bei uns besser laufen?
Hier spielen viele Dinge eine Rolle: die Plattform, das Marketing, die User Experience und die Strategie. Viele Kunden möchten eine riesige Plattform aufbauen, planen aber nicht ausreichend. Dabei sind die nachhaltige technische sowie die redaktionelle Betreuung, als auch die Vermarktung essentiell. Es empfiehlt sich daher eine langfristige Strategie für Ressourcen- und Budgetplanung, um alle notwendigen Maßnahmen bedienen zu können. Außerdem ein dediziertes Team, das die Plattform betreibt und für regelmäßige Anreize sorgt, damit Nutzer diese besuchen.