Svenja am 20.11.2015

SCRUM MASTER Workshop - meine Gedanken dazu


Im September haben meine wunderbare Projektmanagement Kollegin Laura und ich an einem SCRUM Master Certificate Workshop in Köln teilgenommen. Ich interessiere mich schon eine Weile für agile Projektmanagement Ansätze. Entsprechend vorfreudig bin ich in den Workshop gegangen, um ein bisschen in der Tiefen von SCRUM und seinen Rollen einzusteigen.

Das erste große Plus: Sohrab Salimi und Reza Farhang sind sehr relaxte, erfahrene und kompetente Moderatoren. Auch ziemlich lustig - bei einem zweitägigen Workshop definitiv nicht zu vernachlässigen. Die Gruppe war eine bunte Mischung aus Menschen aus unterschiedlichen, beruflichen Ecken. Ich war überrascht - die meisten Teilnehmer hatten keinen Agenturhintergrund. Im Wesentlichen waren wir die Einzigen. Das hatte ich nicht erwartet. Ein ziemlich cooler Zufall, wie sich herausstellen sollte. Da die Kölner Agenturszene klein und kuschlig ist, wir uns alle gut kennen und uns ständig in Bars treffen, sind wir immer zumindest ein wenig auf dem selben Planeten unterwegs. Dagegen ist nichts zu sagen. Den eigenen Workflow mal mit Leuten vom Mars zu diskutieren wenn man selbst auf der Mond wohnt, ist aber ganz erfrischend und kann die Dinge in ein anderes Licht rücken.

Soweit so gut, keine weiteren Details. Nur kurz und knapp die wichtigsten Gedanken nach dem Workshop. Oft zeigt sich ja erst mit ein paar Wochen Abstand, was wirklich hängen geblieben ist:

SCRUM bedeutet ein großer Haufen Regeln

Entgegen dem allgemeinen „Gefühl“ gegenüber agilen Methoden, bedeutet agiles Projektmanagement immer in erster Linie eine sehr gute Planung und jede Menge Regeln zu befolgen.

Ja, das ist für manche sicher nichts neues. Was aber, wenn man nicht gerade in einem Unternehmen arbeitet, das alle Entscheidungen zwei Jahre im Voraus trifft? Wenn nicht jeder Tag gleich verläuft und Projektpläne nicht immer die oberste Priorität haben können? Und sollen. Was, wenn der Arbeitsplatz mehr ein kreativer Spielplatz ist - und genau das auch so gewollt ist? Regeln sind cool, im wesentlichen liebe ich Regeln. Sie machen vieles so viel einfacher. Ich bewege mich also immer in einem Spannungsfeld zwischen kreativer Arbeit und dem inneren Drang nach Struktur. Eine bewusste Entscheidung, übrigens. Umso mehr war es für mich nicht Ziel des Workshops, ein dickes Regelwerk auswendig zu lernen.

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Die gute Nachricht: wenn man es nicht so eng sieht, ist SCRUM das, was man daraus macht. Wenn du der der Struktur-Nerd in einem smarten, kreativen Team bist, konzentriere dich darauf, den Fokus hochzuhalten. Du bist der Typ, der bei der Stadtführung den Regenschirm in die Luft streckt. So lange jeder die große Idee verstanden hat, seid ihr auf dem richtigen Weg. Ihr folgt einem gemeinsamen Ziel, und nur darum geht es. Dann muss man diese Energie nur noch bündeln.

Es braucht ein Team

Wer in einer Agentur arbeitet, hat oft mit mehr als einem Projekt zur Zeit zu tun. Grundsätzlich kein Problem. Wir kennen dieses Multitasking und wissen, was zu tun ist damit alles zur richtigen Zeit passiert. So lange alle auf dem gleichen Dampfer sind, läuft es rund. Aber was, wenn das Team nicht zusammen auf die Reise geht?

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Wenn jeder Kunde, jedes Projekt, von einer andere Teamkonstellation betreut wird? Vielleicht sogar innerhalb eines Projekts das Team wechselt? Ja, irgendwie klappt das schon. Aber all das Briefen, Einarbeiten und Übergeben von Arbeitsständen bedeutet unnötige Arbeit. In jeder neuen Teamkonstellation müssen Menschen sich gegenseitig und das große Ganze kennen und verstehen lernen - immer wieder. Klingt anstrengend? Ist es auch.

Agiles Arbeiten ist wirklich sinnvoller in einem stabilen Team.

Wir haben es ausprobiert und, ja, wir lieben es. Vor einigen Monaten haben wir unsere Strukturen umgebaut um diese Energie zu nutzen und nennen unsere Teams die „Squads“. Das Beste daran: wenn jedes Team anfängt eine eigene Identität zu entwickeln und individuelle Ziele zu verfolgen. Da fängt der Spaß erst richtig an.

Trefft Vereinbarungen

Nein wirklich - trefft Vereinbarungen. Sagt es nicht nur, tut es. Schreibt sie auf, platziert sie für das ganze Team sichtbar im Raum, haltet sie nach. Jedes Team hat seine ganz eigene Struktur. Also beginnt mit dem was eigentlich „sowieso klar“ ist. Und euch wird auffallen, dass das meiste davon eigentlich nicht „sowieso klar“ ist.

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Jeder im Team erfüllt seine Rolle. Was braucht er normalerweise an Informationen, um an einem Job zu arbeiten? Und: Was bedeutet es für ihn wenn er sagt „ich bin fertig“? Sobald diese beiden vermeintlich simplen Fragen geklärt sind, werden schon längst alle anderen Punkte offenkundig auf dem Tisch liegen, die außerdem besprochen werden sollten. Hat man diese Vereinbarungen einmal erarbeitet, sind sie für das Team ein großer Gewinn. Das gegenseitige Verständnis wächst, das kooperative Arbeiten auch. Der Weg zu Ziel ist dann nur noch eine Frage des Workflows und der guten Organisation.

Wie man Vereinbarungen trifft

Nicht jeder im Team ist ein messerscharfer und extrovertierter Redner, der seine Meinung selbstbewusst präsentiert? Zu Glück. Ein gleichförmiges Team aus geborenen Leitwölfen - klingt schwierig. Manche werden früher gehört als andere. Weil sie lauter sind, oder schneller, oder ihre Präsenz enorm ist. Das ist schon ok, schön dass unsere Qualitäten unterschiedlich sind.

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Ein simpler Weg jedem die gleiche Stimme zu verleihen: Trefft „Fist of Five“- Entscheidungen, wenn es wirklich wichtig ist. Was sich erstmal bescheuert anfühlt, funktioniert. Nutzt einfach eure Hände um zu zeigen wie einverstanden ihr wirklich mit etwas seid, auf einer Skala von Null bis Fünf. Fünf ist ein lautes ja, Null ist ein lautes nein. Und dazwischen… ist wohl klar.

Diese Sache mit dem Workflow…

Da war noch was.

„ Der Weg zu Ziel ist dann nur noch eine Frage des Workflows und der guten Organisation.“

Hier ist jedes Team, aber auch jedes Projekt und jeder Projektmanager anders. Braucht man wirklich eine Sprint Planung, streng nach SCRUM? Bei jedem Projekt? Immer? Na ja. Und wenn mehr als ein Projekt auf der Agenda steht, wird das erst recht schwierig. Nicht gerade die reine SCRUM-Schule… Vielleicht ist das der Moment die SCRUM-Bibel beiseite zu legen und kreativ zu werden, wenn es die Umstände erfordern.

Manchmal ist es schwierig herauszufinden, was für ein Team funktioniert. Aber um ehrlich zu sein: das ist der Job. Niemand anders wird diese Antwort finden. Eigentlich mag ich diesen Teil meiner Arbeit sogar ganz besonders. Es gibt kein Rezept für den perfekten Workflow.

Du liebst Tickets? Schreib Tickets. Mit E-Mails hast du den besten Überblick? Verschick E-Mails. Du liest Excel Tabellen wie andere Leute Marvel Comics? Go for it. Du jonglierst am liebsten Post-Its. Vielleicht auch für die anderen eine gute Idee. Eigentlich gibt es nur eine Regel: Egal welches Tool, es wird nicht für dich mit den Jungs und Mädels in deinem Team reden.

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Für unser Team funktioniert eine Hybrid-Strategie. Wir lieben Tickets um uns zu organisieren und den Entscheidungen zu dokumentieren. Aber ein wöchentliches, analoges Post-It SCRUM Board hält uns vor Augen was alles auf dem Tisch liegt. Und: Es gibt keinen besseren Konversationsbeschleuniger. Das ist der Stand heute - aber hey: wir entwickeln uns, unser Tools entwickeln sich mit. Vielleicht sieht es nächsten Monat schon wieder anders aus.

Zum Schluss…

Ein kurzer Blick zurück sagt: vieles schon mal gehört. Ja, aber der Workshop war ein prima Diskussionsanstoß im Team. Eine super Gelegenheit zu reflektieren und zu schauen was andere so treiben. Jeder macht seinen Stiefel anders, aber das Ziel ist immer ähnlich.

Und warum dann SCRUM? Hier dreht sich alles um’s Lernen - das ist das Beste daran.

Jemandem eine Struktur überstülpen und erwarten, dass daraus etwas entsteht? Keine gute Idee. Bei SCRUM geht es darum, Dinge herauszufinden.

Finde heraus wie dieses Tool funktioniert. Finde einen Weg, Ordnung ins Chaos bringt. Finde ein wirklich attraktives und intuitives Design-Element für diese knifflige Anforderung. Finde die richtigem Worte, um deine Vision zu teilen und dieses coole Produkte zu entwickeln, dass du dir vorstellst. Finde heraus, wo du besser werden kannst. Und so weiter.

Klingt nach einem Spielplatz? Klingt nach uns :)

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