Micro Amusement Parks: Innovative Erlebnis-Kommunikation
VR-Brille aufsetzen, Anwendung starten und schon befindet sich der Besucher des Frankfurter Senckenbergmuseums quasi mitten drin in einem Aquarium. Um ihn herum schwimmen jedoch keine Unterwassertiere aus der heutigen Zeit, sondern Urzeitsaurier.
Und so erlebt der Besucher in einem tropischen Jurameer beispielsweise die Geburt eines Fischsauriers – natürlich rein virtuell. Um den Nutzer zu begeistern und ihn gleichzeitig mit relevantem Content zu adressieren, setzen inzwischen immer mehr Unternehmen auf Installationen, interaktive 3D-Games, mehrstufige AR- und VR-Erlebnisse, Mixed Reality-Welten oder Touchtables.
Dabei geht es weniger um die heimische Bespaßung einzelner Nutzer mit VR-Brille oder 360°-Inhalt. Stattdessen stehen Vor-Ort-Erlebnisse auf Messen, Events, Kultureinrichtungen oder am PoS im Fokus. Sie verknüpfen innovative Technologie und Entertainment und werden durch neuartige und spielerische Interaktion zum unvergesslichen Ereignis.
Bild: Virtual Reality Experience im Discovery Dock in Hamburg
Unterhaltsames Edu- und Infotainment
Die Aneinanderreihung von Attraktionen zu einer Art ‚Mini-Vergnügungspark‘ – sogenannte 'Micro Amusement Parks' – zielen in erster Linie auf die Unterhaltung der Gäste ab und rufen kindliche Begeisterung hervor. Somit geht es vordergründig um einen spaßigen Zeitvertreib, aber nicht ausschließlich: Micro Amusement Parks eignen sich auch, um wissenswerte und lehrreiche Inhalte zu transportieren. Didaktische oder informative Inhalte fühlen sich so nicht wie ein Tutorial oder Lehrbuch an, sondern wie ein Erlebnis. Entscheidend für den Erfolg dabei ist, Storytelling und Gamification so zu kombinieren, dass der Nutzer eine Geschichte als unterhaltsam und dynamisch empfindet und sich die Inhalte organisch darin einfügen. Beispielsweise nimmt der Nutzer dank spielerischer Elemente eine aktive Rolle ein, gestaltet die Geschichte interaktiv mit oder steuert die Geschehnisse.
Roter Faden und selbsterklärende Technologie
Damit aus einzelnen AR-/VR-Anwendungen eine Serie an umfassenden Erlebnissen und somit ein Micro Amusement Park wird, bedarf es einer konzeptionellen wie technischen Gesamtstrategie, quasi eines roten Fadens. Ein darauf basierendes Konzept dient als Orientierung für alle Gewerke im Projekt – von Szenografie, UX-Design, Storytelling bis hin zur Programmierung und zur entwickelnden Software.
Allerdings darf die dahinterliegende Technologie nicht zum Selbstzweck werden. Sie sollte stattdessen selbsterklärend und zugänglich sein, sodass sie nicht zu einer Barriere für den Nutzer wird oder zu sehr vom Inhalt und der Story ablenkt.
Bild: Interaktives Hafenmodell mit Echtzeitdaten im Discovery Dock in Hamburg
Ob Museum oder Stadtmarketing: Vielseitige Erlebnis-Momente
Überall dort, wo zusätzlich zu rein faktischen oder statischen Informationen und Produkten eine außergewöhnliche Marken-Erfahrung gestaltet werden kann, lohnt es sich für Unternehmen und Marken, Micro Amusement Parks als Marketing- und Livekommunikationsmaßnahme in Betracht zu ziehen.
Speziell für Messen und in der Live Kommunikation – auch im B2B-Bereich – eignen sich diese Parks besonders. Denn in der heutigen Zeit sind Menschen aufgrund der Vielzahl an digitalen Botschaften und Kanälen oft bereits etwas abgestumpft gegenüber ‚Standardinhalten‘, die sie auch zuhause konsumieren können.
Entschließt sich jemand dazu, eine Messe zu besuchen, will er sich von den verschiedenen Ausstellern begeistern lassen. Sei das nun edukativ oder spielerisch. Diese Begeisterung wird zum einen durch den persönlichen Kontakt zum Standpersonal und zum anderen durch physikalische, interaktive Installationen an den Messeständen hervorgerufen. Und dem Besucher bleibt eine Marke, welche er mit einem spannenden, einzigartigen Erlebnis verbindet, eher in Erinnerung als austauschbare Give-aways an unauffälligen Messeständen.
Bild: Gatorade Messestand auf der NATA in Las Vegas
Auch für kulturelle Institutionen wie Museen sind Micro Amusement Parks interessant und relevant. Aber nicht nur da: Insbesondere das Tourismus-Segment und das Stadtmarketing profitieren von den Vorteilen der Micro Amusement Parks, wie ein Beispiel aus dem schwedischen Lappland deutlich macht: Eine expandierende Eisenerzmine zwingt einen Teil der arktischen Kleinstadt Gällivare-Malmberget zu einem Komplettumzug. Ein kostspieliges Projekt, das fast zwei Jahrzehnte dauert. Um die Entwürfe für den Umzug vorab mit der Öffentlichkeit zu teilen und ihr Feedback einzuholen, entwickelte eine schwedische Beratungsfirma ein virtuell begehbares Modell der Stadt. Visuell ansprechend erfahren die Bürger so, wie ihre Stadt künftig aussehen wird und sie können sich in die städtebauliche Diskussion einmischen.
Mit einer Serie an interaktiven Mixed Reality-Anwendungen werden auch historische oder touristische Orte und Sehenswürdigkeiten zu einem Erlebnis. So geschehen beim Discovery Dock von DuMont, einer völlig neuartigen interaktiven Dauerausstellung im Hamburger Hafen, die täglich von Hunderten Besuchern aus aller Welt besucht wird.
Das Discovery Dock bietet einen Blick hinter die Kulissen der Welt des Hamburger Hafens und vermittelt auf spielerische Art und mit modernster Virtual-Reality-Technologie auf einem Erlebnispfad den Facettenreichtum des Hamburger Hafens.
Bild: Einblick in das Discovery Dock in Hamburg
Monetarisiertes Micro Amusement
Micro Amusement Parks eignen sich jedoch nicht nur als Marketingmaßnahme, sondern auch als Vertriebskanal: Durch die Bereitstellung eines Teils oder einzelner Exponate des Micro Amusement Parks in den Virtual Reality-Plattformen und Stores (z.B. im Steam oder Oculus Store), können Unternehmen Micro Amusement Parks – oder Teile davon – monetarisieren. Speziell Museen oder der Handel profitieren davon, denn sie ermöglichen einen virtuellen Besuch bzw. einen virtuellen Showroom für die breite Masse und völlig ortsunabhängig.
In diesem Fall sind die Experiences nicht mehr standortgebunden – wie es bei den Micro Amusement Parks grundsätzlich der Fall ist. Ziel ist es, durch eine Sneak-Peak in den Micro Amusement Park Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit zu generieren und zu begeistern. So lockt man den Nutzer bestenfalls zum eigentlichen Standort der Anwendungen, also beispielsweise in das Museum an sich oder in den stationären Handel.
Und dahin geht auch der Trend: In der Kombination aus standortgebundenem Micro Amusement Park und einzelner, auch für den Heimgebrauch nutzbarer Anwendung, liegt großes Potenzial für Unternehmen vieler Branchen. Es bleibt spannend und hoffentlich erlebnisreich.
Quelle: Lead Digital - Artikel von Alexander El-Meligi - Managing Partner und Creative Director bei Demodern Creative Technologies