Leonardo am 23.7.2020

Die Bedeutung von immersivem Charakter- und Environmentdesign


Viele Menschen betrachten Charakterdesign heute nur als eine von vielen Komponenten digitaler Experiences. In einigen Fällen wird es sogar nur für Videospiele oder Comics in Betracht gezogen.

Charakterdesign ist jedoch mehr als das, und der Name sagt schon alles. Es ist DESIGN, entscheidendes Element einer Geschichte, das die Erzählung und Erfahrung eines Zuschauers, Lesers, Spielers oder Benutzers bestimmt. Es soll die Interaktionen vertrauter machen und dabei helfen, Emotionen zu erzeugen und ein Eintauchen in das Geschehen leichter zu machen.

Die Bedeutung eines Charakters
Image

Charakterdesign ist mehr als nur ein Wort, es umfasst all das, was mit Design zu tun hat: die Prinzipien, die Theorie und die Ausführung. All das, was die Dinge auf ein neues Level hebt.

Das erschaffene Design muss mehr können als lediglich den Nutzer anzusprechen: Er muss sich mit damit identifizieren können und darüber hinaus muss es dem Produkt einen Mehrwert verschaffen. Dies ist eine große Herausforderung für jeden Designer, denn wir entwerfen nicht für uns selbst, sondern um eine Reihe von Anforderungen sowohl für das Produkt als auch für das Publikum oder den Endverbraucher zu erfüllen.

Man setzt sich nicht einfach so hin, fängt an zu scribbeln und hält das Ergebnis direkt für cool. Genau wie bei der Erstellung eines Konsumguts gibt es eine Reihe von Variablen zu beachten. Wie z. B.:

- Wer ist der Endbenutzer?

- In welchem Kontext wird es verwendet?

- Für welche Art von Technologie wird das Design entworfen?

Man kann das größte und aufregendste Erlebnis schaffen, aber wenn man nicht auch die gleiche Zeit in die Kreation der Figur investiert, die diese Geschichte erzählt, fühlt sie sich unzusammenhängend, gehetzt und am Ende sogar nur mittelmäßig an.

Die Bedeutung des Environments
Sasu enviorment

Das Gleiche gilt auch für die Gestaltung des Enviroments. Die Welt, in der die Charaktere leben, ist genauso wichtig wie die Charaktere selbst. Diesen Ansatz verfolgen wir auch bei Demodern - dem Studio, für das ich derzeit als 3D-Artist arbeite. Nehmen wir zum Beispiel unser Projekt "Sasu's Mystical Quest", eine interaktive Gaming Installation, die wir für Royal Caribbean entwickelt haben und bei der man über ein externes Balance Board den Charakter steuert. Auch hier war es entscheidend neben dem passenden Charakterdesign auch die traumhaften Unterwasserwelten zu gestalten, die das Design der verschiedenen Level prägen. Ohne diese Welten würde das Spiel nicht annähernd so intensiv wirken.

Denken wir mal weiter: Was wäre Star Wars ohne all die Geschichten, die im expansiven Universum existieren? Mit all diesen Kreaturen und Charakteren. Ohne die hypnotisierende(n) Welt(en) um sie herum wäre der Film auch selbst in eine weit entfernte Galaxie entschwunden. Klassifiziert als eine weitere Geschichte über Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Oder was wäre, wenn man "Die Legende von Zelda" nicht in "Hyrule" sondern auf der Erde stattfinden lassen würde? Dieses Spiel kann man unendlich so weiter führen, denn im Grunde genommen müssen Charakter und Umwelt miteinander verbunden werden und so die Story als Ganzes gemeinsam vorantreiben.

Als Produktdesigner wurde mir beigebracht, dass einige der vielen universellen Prinzipien des Designs der Form, ja sogar der Funktion folgen. Design ist ehrlich, es macht ein Produkt verständlich, es ist unaufdringlich.

Aus diesen und vielen anderen Gründen kann man sich dem Charakter- und Environment Design nicht nur aus einer Laune heraus nähern oder sich nur auf das Ästhetische konzentrieren. Es muss mit der gleichen (wenn nicht sogar noch mehr) Hingabe und Liebe zum Detail behandelt werden wie jede andere wichtige Rolle in der Gesamtexperience.

Das Gleiche gilt nun auch für die Gestaltung der Welt: Was wären all diese Figuren ohne eine Welt, die ihnen Leben einhaucht und ihren Zweck erfüllt? Die Beziehung zwischen beiden - den Charakteren und der Welt - lässt die Dinge interessant werden und bringt den Spaß.

Den kreativen Prozess genießen

Dies ist einer der Gründe, warum ich mich entschieden habe, meine berufliche Laufbahn zu ändern und mich nicht mehr um das Design von Produkten wie Motorräder, Devices und Sportartikeln zu kümmern, sondern mich auf Videospiele und digitale Experiences zu konzentrieren.

Es ist ein Prozess, wie bei jedem anderen Projekt auch. Es gibt eine Ideenfindungsphase, eine Konzeptionsphase, eine Prototyping-Phase und eine Testphase, bis man zum Endprodukt gelangt; ABER, im Gegensatz zu gewöhnlichen Konsumgütern kann der Fantasie freien Lauf gelassen werden, wie in den guten alten Tagen der Kindheit. Sie können Welten erschaffen, die in unserer Realität nicht existieren, man kann Kreaturen entwerfen, die sich niemand sonst jemals vorstellen könnte, man kann den Gesetzen der Physik, des Raums und der Zeit trotzen. Das Beste daran ist, dass das alles funktioniert und Sinn macht, solange man eine starke Story und gut gestaltete Elemente hat.

Wenn ihr also das nächste Mal eine Figur in einem Film, Spiel oder Buch seht - denkt daran, dass das, was ihr oberflächlich erlebt, sehr viel harte Arbeit von multidisziplinären Teams erforderte. Ihre Ambitionen führen dazu, mit Liebe und Hingabe eine einzigartige Experience quasi in eure Hände zu legen und euch mit der gleichen Leidenschaft zu erfüllen. Wenn ein Designer es dann auch noch geschafft hat, dass sein Publikum völlig in diese neuen Charaktere und ihre Welten eintaucht, dann hat er sein Ziel erreicht. Viel Spaß dabei!

- LEO