Marius am 5.12.2014

Facebook Groups als Standalone-App


Vor etwa drei Wochen veröffentlichte Facebook eine neue Smartphone-App: Facebook Groups. Neben dem Facebook Messenger, der das mobile Messaging mittlerweile gänzlich aus der standard Facebook-App herausgelöst hat, soll auch dieser neue Dienst einem wichtigen Feature des Social Media-Giganten mehr Aufmerksamkeit widmen.

Ich selbst bin beim besten Willen kein Facebook Power-User – aktuell nutze ich die Plattform mehr als News Feed, der mir aktuelle Geschehnisse rund die Websites zeigt, die ich abonniert habe. So tauchen innerhalb meiner Neuigkeiten immer weniger private Dinge von Freunden auf und immer mehr Posts, die informative oder kommerzielle Ziele verfolgen – meine Facebook-Wall ist zum RSS-Feed geworden. Magazine und Marken haben Freunde und Bekannte verdrängt.

Und das müsste nicht so sein, würde man die Facebook Gruppen einfach etwas präsenter in Website und App einbinden. Aktuell stellen diese allerdings nicht nur in der Desktop-Version, sondern vor allem auf dem Smartphone ein meines Erachtens weitreichend vernachlässigtes Feature dar. Während sie sich am Desktop wenigstens relativ mittig innerhalb der links angebrachten Navigationsspalte befinden, muss der unwissende User sie innerhalb der Smartphone-App erst einmal suchen. Beide Varianten weisen in ihrer Ausführung aus Sicht der User Experience schwerwiegende Unstimmigkeiten auf, welche die Facebook Gruppen zu einer unscheinbaren, unterschätzen Funktion machen. Oberflächliche Kritikpunkte meinerseits reichen hier von einer inkonsistenten Navigation innerhalb der App bis hin zu einem überfordernden und unpersönlichen Interface, was der hohen Textlastigkeit in Verbindung mit einer simplen Listenansicht zu verdanken ist.

Ich habe mir gewünscht, dass Mark Zuckerberg sein Unternehmen in Zukunft wieder etwas mehr auf die Menschen, die Facebook benutzen, ausrichtet. Stattdessen wurde ich vor knapp acht Wochen auf meinem Smartphone darauf hingewiesen, dass mir die Facebook Nachrichten ab sofort nur noch im Messenger zur Verfügung stehen. In einem kürzlich im Rahmen eines Q&As gegebenen Statement des Facebook-Kopfes hieß es, alle guten, erfolgreichen Apps könnten sich auf genau eine grundlegende Hauptfunktion fokussieren. Für Facebook sei dies der Newsfeed, somit wolle man zukünftig der Komplexität entgegen wirken, indem einige wichtige Funktionen als Standalone-App herausgegeben werden. Ein zunächst nachvollziehbarer Schritt, der für mich jedoch eine bessere Integration einiger dieser Funktionen in eben diesen Newsfeed nicht ausschließt. Wenn man aber doch eine Funktion zur Standalone-App ausgliedert, sollte doch zumindest sichergestellt werden, dass sich die seit Jahren bestehenden Umfänge dieser Funktionen nicht ändern, um die knapp 1,35 Milliarden monatlich aktiven User keinen zusätzlichen Pain Points auszusetzen. Leider tun sie dies aber – vor allem in der neuen Facebook Groups-App.

Die Vorteile der neuen App werden mir auf der zugehörigen Website nicht ganz klar. Nicht nur wegen eines Textpflege-Fehlers der deutschen Version – auch das Video beinhaltet keine klare Vorteilskommunikation. Hier werden allgemeine Groups-Features genannt wie „Teile Inhalte, die dir wichtig sind […]" oder „Gründe eine Gruppe zu einem beliebigen Thema […]". Und auch bei näherer Betrachtung der App wird deutlich, dass die hierhin verlagerten Gruppen nicht mehr, sondern eher weniger können als ihre Pendants der standard App. Beispielsweise können Inhalte aus einer Gruppe heraus nicht weiter geteilt werden. Eigene Beiträge können offenbar erst seit einem kürzlich erschienenen Update editiert werden. Und die Kommentarfunktion erlaubt keine Einbindung von Bildern. Drei Dinge, die nach meiner Einschätzung dazu beitragen werden, dass die User hier sehr viel weniger aktiv sein werden als in der normalen App.

Dafür ist die App sehr viel moderner und übersichtlicher gestaltet. Die User Experience ist auf den ersten Blick State of the Art: Eine klare Navigationsstruktur, Info-Banner für Erstbesucher, die etwa erklären, auf welcher Basis der Explore-Modus Gruppenvorschläge generiert, und übersichtliche Einstellungsmöglichkeiten. Dazu ein sehr fröhlich und verspielt wirkendes, im Detail dennoch charmant zurückhaltendes User Interface. Im Vergleich zu den aktuellen Gruppen also insgesamt ein großer Schritt nach vorn.

Trotzdem denke ich, dass Facebook sich mit dieser App Steine in den Weg legt, die es nicht geben müsste. Ich hätte mir eine gänzlich andere Richtung gewünscht; eine, die die Plattform wieder mehr zu dem macht, was sie irgendwann mal war: Meine Online-Verbindung zu meinen Freunden und Bekannten. Gruppen stellen meine persönlichen Interessen dar, hier möchte ich mich mit Gleichgesinnten austauschen, Inhalte privat teilen und Microsharing mit denen betreiben, die sich eben genau für diese Inhalte interessieren (sonst wären sie wohl kaum Teil dieser Gruppe). Um mal etwas konkreter zu werden: Für ein so wichtiges, chancenreiches Feature hätte ich folgende Dinge konzipiert, die es zu dem machen würden, was es eigentlich ist:

1. Präsente Gruppen innerhalb meines News Feeds

Bild1-1

Wie gesagt wäre mein erster Ansatz ein integrativerer Newsfeed gewesen. Ich hätte die Facebook Gruppen innerhalb des Feeds präsent platziert, sodass jeder User, der seinen persönlichen Feed liest, dort auch sämtliche neue Inhalte seiner Gruppen wiederfindet. Die Beiträge könnten mit einem Ausschnitt des Gruppen-Titelbildes versehen sein, um die Zugehörigkeit auf den ersten Blick zu verdeutlichen. Der Nutzer müsste den Feed auch nicht verlassen, um ältere Gruppenbeiträge einzusehen. Dennoch kann er bei Bedarf von hier aus direkt zu einer isolierten Darstellung wechseln.

2. Gruppen innerhalb von Gruppen

Bild3

Das klingt erstmal nach Inception. Aber wieso sollte es nicht möglich sein, innerhalb einer Gruppe eine Untergruppe zu erstellen? Auch hier in unserer Agentur gab es einst eine Facebook Gruppe, in der wir interessante Links und Meinungen aller Art austauschten. In dem Moment, als dieser Austausch an Komplexität gewann, wechselten wir jedoch zu Slack – einem Dienst, der unseren Ansprüchen an eine Kommunikations-Gruppe ziemlich genau entsprach. Ob eine angekündigte App „Facebook at Work" in eben diese Richtung geht, wird sich bald zeigen.

3. Ausgebaute Gruppenverwaltung

Bild2

Beiträge speichern, Gruppen nach Inhalten durchsuchen, hinterlegte Dateien verwalten. Und innerhalb der Mitglieder-Übersicht: Zum Profil wechseln, Personen anschreiben, Mitglieder löschen. Naheliegende Funktionen, die nicht allzu kompliziert zu integrieren sein sollten.

Ja, Facebook ist eine gigantische Plattform, die von unvorstellbar vielen Menschen genutzt wird. Und mit der Anzahl der Nutzer steigt auch die Anzahl der genutzten Geräte. Daher kann ich Facebook nicht vorwerfen, dass einige Funktionen veraltet wirken – sie müssen eben durchweg geräteübergreifend funktionieren. Und es wird noch einige Zeit verstreichen, bis überall umfassende Browserstandards eingeführt sind. Ich finde es nur schade, dass Facebook sich für einen meiner Meinung nach komplizierteren und gefährlicheren Weg entscheidet, indem es wichtige Funktionen einfach auslagert. Denn wenn die Standalone-Apps nicht mehr unmittelbar mit der Haupt-App verknüpft sind, fällt es den Nutzern umso leichter, zu anderen Apps zu wechseln, die gegebenenfalls sogar besser sind. Geht es um Online-Identität, beansprucht das Unternehmen zweifelsohne noch immer seine Monopolstellung. Jedoch Frage ich mich, ob dies auch zukünftig so bleiben wird – denn Konkurrenten in Sachen Direct Messaging und Gruppenkommunikation gibt es reichlich.